Von Heilung, Erkenntnissen und der Bildung der Zukunft im Hier und Jetzt

Heute hatte ich meine abschließende Therapiesitzung.

Es begann in der dritten Klasse auf meiner ersten Klassenfahrt. Niemand wusste damals, dass ich hochsensibel bin. Hochsensible Menschen nehmen mehr Reize wahr und Informationen auf, als andere Menschen. Unsere Stärken liegen in unserer Intuition, unserer Kreativität, unserer Spiritualität und sozialer Intelligenz. Unsere Grenzen liegen darin, dass wir schnell übererregt sind, aufgrund der Tatsache, dass wir, sensibler als andere, Reize und Informationen wahrnehmen und aufnehmen. Wir sind schneller müde und brauchen mehr Zeit zur Regeneration. Besonders in unserer Kindheit sind wir stärker auf die Co-Regulation unserer Gefühlswelt durch Erwachsene angewiesen, als andere Kinder.
Auf dieser Klassenfahrt brach aus meiner Sicht als hochsensibles Kind das Chaos aus, als andere Kinder krank wurden. Ich war umgeben von dieser Krankheit, hatte Angst und es war keine Bezugsperson für mich da, die ich so dringend gebraucht hätte. Über das Münztelefon zuhause anzurufen wurde uns verboten. Diese Erfahrung traumatisierte mich.

Dieses Trauma blieb die nächsten zehn Jahre unbemerkt. Auch die Schulangst, die ich kurz darauf entwickelte, gab nicht den nötigen Hinweis für mein Umfeld. Für die Schulangst erhielt ich früh therapeutische Hilfe. Aber da mein 9-Jähriges Ich selber nicht verstand, was los war, und ich nur sagen konnte, dass ich Angst hatte, in die Schule zu gehen, konnten nur die Symptome behandelt werden.
Ich ging wieder zur Schule. Eine Weile schien alles okay. Die kleinen Hinweise fielen nicht auf, auch mir selbst nicht.
Schließlich eine spätpubertäre Krise, zwei depressive Phasen.
Meine Kraft zur Selbsthilfe fand ich wieder, als ich meinen Partner fürs Leben kennenlernte. Ich nahm mein Leben in die Hand, traf konsequent Entscheidungen für mein Wohlbefinden. Alle äußeren Rahmenbedingungen waren jetzt stabil. Aber die Ängste blieben.
Letzten Sommer kam der Aha-Moment und mit einem Gruß des Universums lag tags darauf der Flyer meiner Krankenkasse im Briefkasten mit der Werbung für die Online-Therapie. Innerhalb von 6 Wochen fand ich meinen Therapieplatz.
Ich habe auf Anhieb eine hervorragende Therapeutin gefunden, der ich unendlich dankbar für Ihre Unterstützung bin.

Quelle: pixabay.com

Da ich bereits vor Beginn der Therapie die Welt von Yoga und Meditation für mich entdeckt hatte, füllte ich diese Reise zur Heilung selbstständig mit spiritueller Tiefe aus. Die gesündere Ernährung verfolgte ich ebenfalls schon länger. Ich suchte mir außerdem wieder einen Islandpferdehof in meiner Nähe, denn schon als Teenager war mir der Kontakt zu den Tieren eine große seelische Unterstützung. Durch den Reitunterricht baute ich mein Selbstbewusstsein wieder aus und weitete langsam aber stetig meine körperlichen Grenzen aus.
Ich lernte von Neuem, mir selbst und meinem Körper zu vertrauen.

Rückblickend haben mich all diese Erfahrungen dorthin gebracht, wo ich sein soll, wo ich aufblühen kann mit meinen Fähigkeiten und meinen Beitrag leisten kann. Meine persönliche Vision hat sich schon vor Jahren geformt und sie verfestigt sich stetig. Ich wünsche mir eine Zukunft, in der jede:r ein Leben in Würde führen und sich frei entfalten kann.

Meine Intuition führte mich zu meiner Arbeit als Bildungssystemdesignerin. Auf diesem Wege möchte ich dazu beitragen, dieses Wunschbild Wirklichkeit werden zu lassen. Deshalb setze ich mich für ein neues, positives Menschenbild ein, für die Entwicklung entsprechender Rahmenbedingungen, für sichere Lernräume, in denen unsere vulnerablen Kinder und Jugendlichen all die inneren Ressourcen aufbauen können, die sie benötigen werden, um in unserer komplexen Welt bestehen und darüber hinaus zu Gestaltenden ihrer eigenen Zukünfte werden können.

Es ist Zeit dass wir unseren Fokus neu schärfen. Weg von willkürlich anmutenden Wertemaßstäben, die aus einem negativen Menschenbild geboren wurden und uns nachweislich in Depression und andere Krankheiten führen, weil wir innerlich austrocknen und uns selbst nicht länger artgerecht behandeln.
Und hin zu neuer Balance zwischen inneren und äußeren Erfahrungswelten. Hin zu einer vielfältigen Gesellschaft, die Kraft aus sozialer Verbundenheit schöpft und das potenzielle Wachstum nicht in der Bereicherung durch Dinge sucht, sondern ständige Entwicklung durch Wissen und Erkenntnis.

Quelle: pixabay.com

Wir sind alle einzigartig. Und wir sind alle miteinander und mit unserer Umwelt verbunden. Wir tragen Verantwortung füreinander und unsere Umwelt. Und die Antworten, die wir so dringend und verzweifelt suchen, finden wir in uns und um uns herum, indem wir wieder lernen, zuzuhören und offen zu sein, für das, was ist.

Für unsere Lernräume bedeutet dies, dass es nicht darauf ankommt, festgesetzte Lernziele in festgelegten Rahmen zu festgelegten Zeiträumen zu erreichen – denn das entspricht den willkürlichen Wertemaßstäben und dem Streben nach dinglichem Wachstum. Es kommt darauf an, sich sicher genug fühlen zu können, um seine Grenzen allmählich auszuweiten und auf die Suche zu gehen.

Betrachten wir doch ganz pragmatisch die sogenannten Future Skills, die inzwischen allgemeinen Konsens erfahren. Mensch ist sich einig, dass es hierauf in Zukunft ankommt: Jene Fähigkeiten, die dazu befähigen, in einer unsicheren, komplexen Welt zu bestehen und gestalterisch tätig sein zu können. Diese Fähigkeiten sind grundsätzlich überfachlich. Und sie erfordern hohe Emotionale Intelligenz. Wenn wir uns also einig sind, dass dies die Fähigkeiten sind, auf die es ankommt, dann ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die passenden Rahmenbedingungen heute und jetzt entstehen, um sie entwickeln zu können.

„Bildung ist gut, aber nicht die Lösung.“ (Aladin El-Mafaalani)

„Die Welt ist mein Klassenzimmer.“ (unbekannt)

„Die Bildung kommt nicht vom Lesen, sondern vom Nachdenken über das Gelesene.“ (Carl Hilty)

„Bildung bedeutet nicht, einen Eimer zu füllen, sondern ein Feuern anzuzünden.“ (William Butler Yeats)

„Was nützt es dem Menschen, wenn er Lesen und Schreiben gelernt hat, aber das Denken anderen überlässt?“ (Ernst R. Hauschka)

„Bildung ist nicht Wissen, sondern das Interesse an Wissen.“ (Hans Margolius)

„Keine Bildung kommt ohne den Mut zur Erziehung aus, und Mut zur Erziehung bedeutet im Wandel der Zeitbedingungen zunächst Mut zur Veränderung unseres eigenen Lebens, zumal auch im Alter.“ (Richard von Weizsäcker)

„Gibst du einem Mann einen Fisch, nährt er sich einmal. Lehrst du ihn das Fischen, nährt er sich sein ganzes Leben.“ (Zhuangzi)

„Bevor ein Kind mit dem Alphabet und anderem Wissen von der Welt befasst wird, sollte es lernen, was die Seele ist, was Wahrheit und Liebe sind, welche Kräfte in der Seele schlummern. Wesentlicher Teil der Bildung müsste sein, dass das Kind unterwiesen wird, wie man im Lebenskampf Hass durch Liebe, Unwahrheit durch Wahrheit, Gewalt durch eigenes Leiden besiegt.“ (Mahatma Gandhi)


Kommentare

Eine Antwort zu „Von Heilung, Erkenntnissen und der Bildung der Zukunft im Hier und Jetzt“

  1. Avatar von Detlef Heubach
    Detlef Heubach

    Meine liebe Madita. Ich sehe in Deinen Ausführungen Parallelen zu meinem Lebenslauf und Erfahrungen:

    – Diagnose der Hochsensibilität und die dazugehörige Beschreibung sowie die Belastungen
    – traumatisches Erlebnis
    – fehlenden Halt
    – mein Aha-Erlebnis und die anschließende Therapie, ich bin heute eng befreundet mit meine damaligen Therapeutin!
    – unerkannte Symptome
    – mein Halt im Reitsport
    – enge Verbundenheit mit der Natur
    – und die Berufung für ein besseres Menschenbild sowie verbessertes Bildungssystem – dafür arbeite ich seit 30 Jahren j d bekomme eine von mir mit konzipierte Bildungseinrichtung

    Du hast wunderschön geschrieben 🙂 und bin Stolz wie Bolle auf Dich.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert