Ein Plädoyer für Familie

Der Mensch ist abhängig von anderen Menschen. Er kann nicht wachsen und sich nicht entwickeln, wenn ihm nicht geholfen wird. Das Baby verhungert, erfriert oder wird gefressen, wenn es nicht beschützt wird. Der Geist kann nicht gedeihen, wenn er sich nicht sicher und akzeptiert fühlt.

Der Mensch ist abhängig von anderen Menschen. Er braucht Familie – wie auch immer man diese definieren möchte.

Kultur kann die Familie nicht ersetzen. Sie ist ein Konstrukt eines kollektiven Geistes. Sie ist das Produkt einer Reihe von Innovationen, die die Menschheit als Gemeinschaft hervorbrachte. Eine Gemeinschaft – das ist ein Verbund von Familien.


Niemand kann es abstreiten: Horcht man nur aufmerksam genug in sein Herz hinein, wird jedem klar, dass alle Bemühungen, alle Kämpfe, alles Begehren letztlich auf einem tief in uns verwurzelten Wunsch nach Liebe beruhen. Nach bedingungsloser Akzeptanz. Nach Familie.

Doch, obwohl das Aufwachsen in Familien, das sich bilden und erzogen werden, nachweislich und offensichtlich der Kern aller Evolution und des Erfolgs der Menschheit ist, sind wir in Deutschland nun so weit gekommen, die Familie als einen „Störfaktor“ zu betrachten.

„Längst wissen wir, dass Familie und das ‚wirkliche Leben‘ der Ort sind, an dem Kinder von ganz alleine (auch) eines lernen: demokratisches, soziales Verhalten. Wir brauchen nicht mehr Schule (auch keinen Kindergartenzwang), sondern wieder mehr Familie. Das ist eines der Hauptanliegen eines ehemaligen, sehr erfolgreichen Lehrers und überzeugtem Anhängers der Demokratie. Keine noch so große ‚Schulreform‘ wird jemals ‚unsere geschädigten Kinder und unsere geschädigte Gesellschaft heilen, wenn wir nicht darauf bestehen, dass die Idee von Schule die Familie als Hauptmotor der Bildung mit einbezieht‘. Mahnende Worte wie diese werden auch in den deutschsprachigen und anderen Ländern zahlreicher. Sie werden seit Jahren, vor allem in Politik, bewusst nicht gehört. Kann es sein, dass Kind und Familie in unserer inzwischen alleine auf Ideologie und Ökonomie ausgerichteten Gesellschaft tatsächlich ein ‚Störfaktor‘ geworden sind?“

Hüter, Michael (2019): Kindheit 6.7 – Ein Manifest – Es ist höchste Zeit, mit unseren Kindern neue Wege zu gehen! Melk an der Donau: Michael Hüter. S. 59
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Es reicht bereits ein ganz oberflächlicher Blick auf die Strukturen unserer heutigen Gesellschaft, um diesen Eindruck zu belegen:

Die Politik setzt auf kostenlose Krippen, Kitas, Schulen. Sie gibt jedoch keine echte Unterstützung für die häusliche Erziehung. In der Wirtschaft setzt man auf den 8-Stunden-Tag in der 5-Tage-Woche und zahlt durchschnittlich bei Weitem nicht genug Lohn, um sich davon den Unterhalt für Kinder leisten zu können. In der breiten Gesellschaft wird Frau oder Mann verpönt, wenn sie oder er sich gegen „Karriere“ und für Familie entscheidet. Wie, du bist Hausfrau*Hausmann?! Und zu guter Letzt wird Frau*Mann von Staat und Wirtschaft bestraft, wenn sie*er sich trotz alledem für die Familie entscheidet, indem Renten gekürzt und Karrieren versperrt werden, nachdem die Kinder selbstständig geworden sind und die Eltern zurück in die Arbeitswelt kommen.

Es scheint rückblickend ein beinahe schleichender Prozess gewesen zu sein. Die Lebenshaltungskosten stiegen schneller als die Löhne. Der Schultag wurde länger. Aus Halbtags-Betreuungen wurden Kindertagesstätten. Krippen wurden eröffnet. Und alle gehen mit – mit gutem Gewissen und der festen Überzeugung „nur das Beste für ihr Kind“ zu wollen: die beste Betreuung/Förderung/Bildung.

Doch rückblickend scheint ebenso die geistige „Rückentwicklung“ unserer Gesellschaft ein schleichender Prozess gewesen zu sein. Technische Entwicklung hin oder her – konnten wir seit der Einführung der Schulpflicht tatsächlich eine echte Innovation hervorbringen? Oder sind alle bisherigen Entwicklungen nicht bloß laufend in neue Gewänder gekleidet worden? Ist all diese zur Schau-Stellung von materiellen Gütern nicht letztendlich ein Hilferuf des Herzens nach Zuwendung, echter Aufmerksamkeit und Liebe? Flüchten wir uns nicht mit Netflix und Co. in fremde Vorstellungen von dem was sein sollte und sein könnte, während wir tatsächlich mithilfe unserer verkümmerten Empathie-Neuronen versuchen, für wenige Momente das zu spüren, was wir eigentlich brauchen? Hüllen wir uns nicht letztendlich immer tiefer in ein Gerüst aus Lügen ein, um das in uns schreiende Kind zu beruhigen und zu sagen: Alles wird gut?

Dies ist ein Plädoyer für die Familie, dem Quell aller Liebe. Lasst unsere Stummen Schreie laut werden und dafür kämpfen, dass nicht Geld oder Macht zum Ziel unseres Strebens werden, sondern Liebe und darauf folgend tatsächliche geistige Entfaltung unsere Leben erfüllen sollten.


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