Versetze dich in deine eigene Vergangenheit zurück. Wie fühltest du dich, als dein erster Schultag immer näher rückte?
Wie haben sich deine Gefühle im Laufe deiner Schulzeit geändert? Bist du gern zur Schule gegangen? Oder ungern? War das immer so? Gab es Höhen und Tiefen?
Welche Faktoren haben dein Wohlbefinden im Laufe dieser prägenden Jahre beeinflusst? Hattest du stabile Freundschaften? Mochtest du deine Lehrer:innen? Hatte deine Schule schöne Räumlichkeiten? Gab es einen tollen Außenbereich? Habt ihr viel außerhalb der Schule unternommen? Wie spannend war der Unterricht? Wie erging es dir damit, dass du benotet wurdest? Hattest du Prüfungsangst? Hast du gerne gelernt?
Hast du dich rundum wohl gefühlt? Oder hattest du Ängste und Sorgen?
Eine glückliche Schulzeit verleben zu dürfen ist nicht die Regel in Deutschland
Wenn du diese Fragen durchweg mit positiven Erinnerungen beantworten konntest, kannst du dich wirklich glücklich schätzen. Denn eine glückliche Schulzeit verleben zu dürfen ist nicht die Regel für unsere Kinder in Deutschland. Wenigstens phasenweise durchlaufen die meisten Schüler:innen Ängste, Stress und Sorgen, die ihren Quell in der Schule finden. Studien belegen den Zusammenhang zwischen in der Schule erzeugtem Leistungsdruck und erhöhtem Stressleiden von Kindern und Jugendlichen (siehe z.B.: Prediger_2022_Schulstress.pdf (uni-potsdam.de)), was zur Verfestigung von Ängsten beitragen und damit letztendlich auch die Gesundheit schädigen kann (siehe z.B.: Lebenslauf (bepanthen.de)). Und damit nicht genug: Angst blockiert die kognitiven Fähigkeiten, die für den Lernprozess benötigt werden sowie unsere soziale Intelligenz, zu der u.a. Empathie und Mitgefühl zählen (vgl. Porges, Stephen W. (2021): Die Polyvagal-Theorie und die Suche nach Sicherheit – Traumabehandlung, soziales Engagement und Bindung. Lichtenau: G. P. Probst Verlag GmbH.).
Diese Abwärtsspirale beginnt bei dem zu engen Lehrplan, der keinen Raum für Autonomie der Lernenden lässt. Die Lehrkräfte haben keinen Spielraum, um auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Schützlinge eingehen zu können und an ihre persönlichen Lerninteressen anzuknüpfen, wenn sie ihn sich nicht auf Kosten des Lehrplans nehmen. Ein Mangel an Autonomie und bedürfnisorientiertem Lernen erstickt die natürliche Neugier, also den ureigensten Motor für das Lernen.
Die Spirale nimmt weiter Fahrt auf, wenn Noten und Prüfungen Einzug in den Schulalltag erhalten und die verloren gegangene intrinsische Motivation zu ersetzen versuchen, indem ein extrinsischer Druck erzeugt wird (vgl. Nölte, Björn & Wampfler, Philippe (2021): Eine Schule ohne Noten – neue Wege zum Umgang mit Lernen und Leistung. Bern: hep Verlag AG.). Doch tatsächlich führen sie in vielerlei Fällen zu einer Minderung des Selbstwertgefühls, erzeugen Scham, Ängste und können unter den Mitschüler:innen zu einem erhöhten Konkurrenzdruck führen, der sich in Bullying und Mobbying ein Ventil sucht, denn Stress und Angst versetzen den Körper in einen Alarmzustand, der alle Ressourcen auf den Überlebenskampf hin bindet und dafür irrelevante kognitive Fähigkeiten wie Empathie und Mitgefühl blockiert.
„Der Typus von Stress, der die Stresshormone am stärksten aktiviert und so den Kortisolspiegel in die Höhe treibt, lauert im Klassenzimmer in Form von sozialen Drohungen wie dem negativen Urteil des Lehrers oder der Sorge, in den Augen der Mitschüler als ‚dumm‘ zu erscheinen. Solche sozialen Ängste hemmen mit großer Macht die Lernmechanismen des Gehirns.“
Goleman, Daniel (2006): Soziale Intelligenz – Wer auf andere zugehen kann, hat mehr vom Leben. München: Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG. S. 405.
Schließlich gipfelt diese Spirale, indem Resilienz, Selbstwertgefühl, sichere Beziehungen und körperliche Gesundheit kontinuierliche abnehmen in chronischen Leiden, die sich sowohl psychisch als auch physisch ausdrücken. Die von den Krankenkassen erhobenen, in den letzten Jahren gestiegenen Zahlen von Depressionen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Verspannungen, usw. bei Kindern und Jugendlichen (dieser Trend zeigte sich schon vor Corona, wurde aber durch die Pandemie verschärft) lassen vermuten, dass die Stressfaktoren für Schüler:innen zunehmen bzw. sich verstärken (Studie: Psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche | BARMER).
Auch das Leid der Lehrkräfte steigt
Angst und Stress ist im schulischen Umfeld nicht auf Schüler:innen beschränkt, sondern findet seinen Quell im Arbeitsumfeld des Schulpersonals. Diese sind nämlich dafür verantwortlich, eine sichere Umgebung zu fördern und wertschätzende Beziehungen zu ihren Schützlingen aufzubauen. Aufgrund ihrer strukturell bedingten höheren Machtposition gegenüber den Schüler:innen, liegt der Ball zunächst bei den Erwachsenen im System, ein sicheres Umfeld zu garantieren. Sie tragen dafür die Verantwortung. Und dass sie aufgrund der Richtlinien und behördlichen Vorgaben keine Möglichkeitsspielräume dafür haben, wie oft behauptet wird, ist meistens ein Trugschluss (es gibt z.B. in ganz Deutschland kein Gesetz das vorschreibt, dass die Schule um 8 Uhr morgens beginnen oder der Unterricht im 45-Minuten-Takt stattfinden muss). Ich möchte hiermit die Hypothese aufstellen, dass Erwachsene deshalb reihenweise daran scheitern, sichere (das heißt von wertschätzenden Beziehungen getragene) Umfelder für Kinder und Jugendliche zu schaffen, weil sie selbst verunsichert, ängstlich und sich ihrer Selbst nicht sicher sind. Doch im Unterschied zu Kindern und Jugendlichen können Erwachsene die Verantwortung für sich selbst und ihre eigene Heilung übernehmen, und sich gegenseitig darin unterstützen, eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der sie Wertschätzung und Achtsamkeit pflegen. Dazu im nächsten Abschnitt mehr.
Zunächst möchte ich darauf aufmerksam machen, zu welchen Konsequenzen chronischer Stress und Angst bei Lehrkräften führen:
- Burnout: Lehrkräfte, die in einem unsicheren Umfeld arbeiten und mit häufigen Herausforderungen und Schwierigkeiten konfrontiert sind, können ein höheres Risiko für Burnout haben (Lehrergesundheit – Was den Lehrerberuf so stressig macht – Das Deutsche Schulportal (deutsches-schulportal.de)).
- Psychische Gesundheit: Lehrkräfte, die in einem unsicheren Umfeld arbeiten, können ein höheres Risiko für psychische Gesundheitsprobleme haben, wie Depressionen, Angststörungen und posttraumatischen Belastungsstörungen (vgl. Lehrergesundheit (aerzteblatt.de)).
- Körperliche Gesundheit: Chronischer Stress kann zu einer Reihe von körperlichen Symptomen führen, einschließlich Kopfschmerzen, Magen-Darm-Problemen, Muskelverspannungen und geschwächtem Immunsystem.
- Arbeitsleistung: Angst und Stress können sich negativ auf die Arbeitsleistung von Lehrkräften auswirken, indem sie ihre Fähigkeit beeinträchtigen, effektiv zu unterrichten und sich auf die Bedürfnisse ihrer Schüler:innen zu konzentrieren (Warum Lehrer aussteigen: »Ich habe das Gefühl, in einer Höhle gelebt zu haben« – DER SPIEGEL).
Soziale Intelligenz ist der Schlüssel zu sicheren Beziehungen
Auch das Schulpersonal befindet sich in derselben Abwärtsspirale, wie oben beschrieben bei den Schüler:innen. Stress und Angst blockieren wichtige kognitive Fähigkeiten, wie die soziale Intelligenz, die benötigt werden, um sichere (also wertschätzende und achtsame) Beziehungen zu ermöglichen.
„In der Neurobiologie der Missstimmung, von der anfangs die Rede war, spiegelt sich der automatische Notfallplan des Körpers wider. Wenn wir unter Stress stehen, tritt mit Macht die HPA-Achse in Aktion und bereitet den Körper auf eine krisenhafte Situation vor. Neben anderen biologischen Prozessen kommt es dazu, dass die Amygdala das Kommando über den präfrontalen Kortex übernimmt, das ausführende Zentrum des Gehirns. Diese Verschiebung der Kontrolle auf den unteren Pfad begünstigt automatisierte Verhaltensweisen, da die Amygdala auf reflexartige Reaktionen umschaltet, um uns zu retten. Währenddessen wird das denkende Gehirn in eine Nebenrolle gedrängt, denn der obere Pfad arbeitet zu langsam.
Sobald das Gehirn Entscheidungsprozesse an den unteren Pfad delegiert, verlieren wir die Fähigkeit, auf bestmögliche Weise zu denken. Je stärker der Druck, desto mehr leidet unser Leistungs- und Denkvermögen. Die Dominanz der Amygdala behindert unsere Fähigkeit zu lernen, Informationen im Arbeitsgedächtnis zu speichern, flexibel und kreativ zu reagieren, die Aufmerksamkeit willentlich zu steuern sowie effektiv zu planen und zu organisieren. Wir stürzen ab in einen Zustand, den man in der Neurowissenschaft als ‚kognitive Dysfunktion‘ bezeichnet.“
Goleman, Daniel (2006): Soziale Intelligenz – Wer auf andere zugehen kann, hat mehr vom Leben. München: Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG. S. 396f.
Das Bewusstsein über diese Mechanismen kann den Menschen dazu befähigen, sich aus eigener Kraft aus solchen stress- und angstbesetzten Situationen zu „retten“, also die Abwärtsspirale zu durchbrechen. Indem die frühen Warnzeichen des Körpers werden und Gegenmaßnahmen ergriffen werden, können Stress und Ängste konsequent abgebaut und die Resilienz gestärkt werden. Kinder und Jugendliche sind auf die Unterstützung und das Vorbild der Erwachsenen angewiesen, um diese Fähigkeiten erwerben zu können. Noch einmal: Die Erwachsenen sind dafür Verantwortlich, ein sicheres (= wertschätzendes und achtsames) Umfeld zu garantieren. Mit wenigen Maßnahmen, die im Rahmen der aktuell geltenden Strukturen unseres Bildungssystems absolut möglich sind, kann Sicherheit gefördert werden:
- Unterstützung durch die Schulleitung: Die Schulleitung sollte aktiv daran arbeiten, ein positives Arbeitsumfeld zu schaffen und sicherzustellen, dass Lehrkräfte die Ressourcen und Unterstützung erhalten, die sie benötigen, um erfolgreich zu sein. (Auch die Schulleitung kann sich dafür von außerhalb, z.B. bei den Eltern, aber auch der Kommune und verschiedenen gemeinnützigen Initiativen Hilfe suchen).
- Schulungen zu Stressmanagement und Selbstfürsorge: Schulen sollten Schulungen für Lehrkräfte anbieten, die ihnen helfen, Stress zu bewältigen und ihre körperliche und geistige Gesundheit zu erhalten. (Die vorhandenen Budgets für Fortbildungen sollten vorrangig dafür genutzt werden, denn ohne Sicherheit ist sowieso keine Energie vorhanden, um sich fachlich weiterzubilden. Außerdem gibt es kostenlose Angebote und auch Krankenkassen unterstützen solche Maßnahmen).
- Klare Erwartungen und Kommunikation: Lehrkräfte sollten klare Erwartungen und Anweisungen erhalten, damit sie wissen, was von ihnen erwartet wird. Es ist auch wichtig, dass die Schulleitung offene Kommunikation fördert, damit Lehrkräfte ihre Bedenken und Herausforderungen besprechen zu können. Dazu gehören eine gesunde Fehlerkultur, teambildende Maßnahmen und Peer-Reviews.
- Konfliktmanagement: Die Schulleitung sollte Konfliktmanagement-Programme anbieten, damit Lehrkräfte in der Lage sind, Konflikte mit Kolleg:innen, Eltern oder Schüler:innen effektiv zu lösen. Denn Soziale Intelligenz muss gelernt und gefördert werden. (Neben dem stetig wachsenden Fortbildungsangebot zu diesen Themen gibt es auch hier kostenlose Unterstützung bei gemeinnützigen Organisationen).
- Unterstützung bei der Bewältigung von schwierigen Situationen: Lehrkräfte sollten die Möglichkeit haben, Unterstützung zu erhalten, wenn sie schwierige Situationen bewältigen müssen, z.B. wenn sie mit traumatisierten Schüler:innen arbeiten oder bei Gewaltvorfällen in der Schule, aber auch bei Fragen und Ängsten rund um den Umgang mit individuellen Bedürfnissen der Schüler:innen oder aktuellen Krisensituationen (wie Corona). An dieser Stelle sind die teambildenden Maßnahmen besonders wichtig, denn nicht zuletzt können Lehrkräfte durch gesunde Beziehungen zu ihren Kolleg:innen viel Kraft schöpfen, wenn diese ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Vor allen Dingen darf es keine „Fingerzeig“-Politik mehr geben und toxische Persönlichkeiten müssen aus dem System verbannt werden.
- Belohnung von guter Arbeit: Schulen sollten ihre Lehrkräfte für ihre gute Arbeit belohnen, indem sie Anerkennung und Wertschätzung erhalten (Es tut niemandem weh, „Danke“ zu sagen und auch kleine Errungenschaften mit einem anerkennenden Lob hervorzuheben, besonders unter Kolleg:innen.) und ihnen Möglichkeiten für Weiterbildung und berufliche Entwicklung geboten werden (denn jeder Mensch hat das Bedürfnis zu wachsen und sich zu entfalten).
Mit solchen Maßnahmen ist der Grundstein gelegt, um ein wertschätzendes und achtsames Umfeld zu fördern. Hierauf können sichere Beziehungen aufbauen, Resonanzen in der Zusammenarbeit entstehen und das für jeden Menschen geltende Bedürfnis nach Verbundenheit auch im beruflichen Umfeld gestillt werden. Erst wenn die Erwachsenen sich ihrer selbst sicher und gewertschätzt fühlen, können sie ihre eigenen sozialen Fähigkeiten weiterentwickeln, die sie dringend benötigen, um ihrer Verantwortung gegenüber Kindern und Jugendlichen gerecht zu werden.
Ein sicheres Umfeld für Schüler:innen hängt von den sozialen Fähigkeiten der Lehrkräfte ab
„Eine wachsende Zahl von Forschungsarbeiten zeigt, dass Schüler, die sich mit ihrer Schule verbunden fühlen – mit den Lehrern, den Mitschülern, der Schule insgesamt -, bessere Leistungen erbringen. Sie widerstehen auch weit besser den Gefahren, denen Jugendliche heute ausgesetzt sind, das heißt, sie neigen weniger zu Gewalt, zum Schikanieren anderer Schüler und zu Vandalismus. Dasselbe gilt für Ängste und Depressionen, Drogengebrauch, Suizid, Schulschwänzen und Schulabbruch.“
Goleman, Daniel (2006): Soziale Intelligenz – Wer auf andere zugehen kann, hat mehr vom Leben. München: Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG. S. 420.
Parallel zu der Entwicklung eines sicheren Arbeitsumfelds für Lehrkräfte können wenige Maßnahmen mit geringem Budget und im Rahmen der aktuellen strukturellen Bedingungen des Bildungssystems sofort umgesetzt werden:
- Positive Beziehungen: Schüler:innen sollten positive Beziehungen zu ihren Lehrkräften und Mitschüler:innen haben. Schüler:innen, die sich in einer sicheren Umgebung unterstütz fühlen, sind eher motiviert, zu lernen und sich zu engagieren. (In der nächsten Projektwoche werden alle Schüler:innen und Lehrkräfte darin involviert, ein Manifest für das soziale Miteinander zu verfassen, dem sich alle verpflichten. Regelmäßig finden Veranstaltungen statt, bei denen Teambuilding im Vordergrund steht, auch zwischen Lehrer:innen und Schüler:innen).
- Sichere Räume: Schüler:innen sollten Zugang zu sicheren Räumen haben, in denen sie sich bei Bedarf zurückziehen können, z.B. in der Schulbibliothek oder in einem ruhigen Klassenraum oder einem Schulgarten (denn ein Schultag kann in vielerlei Hinsicht überwältigend und anstrengend sein und solche Räume schaffen die Möglichkeit, die Batterien wieder aufzutanken).
- Konfliktlösung: Schulen sollten Konfliktmanagement-Programme anbieten, um Schüler:innen bei der Bewältigung von Konflikten zu unterstützen und ihnen die notwendigen Fähigkeiten beizubringen, um Konflikte friedlich zu lösen (neben Streitschlichter-Programmen geht es nicht zuletzt darum, dass jede:r Schüler:in dazu befähigt wird, selbst Methoden zu erlernen, um mit Konflikten umzugehen).
- Förderung der Selbstfürsorge: Schulen sollten Schüler:innen dabei unterstützen, sich um ihre körperliche und geistige Gesundheit zu kümmern. Dazu gehört auch, dass Schulen eine positive Einstellung gegenüber einer ausgewogenen Ernährung, körperlicher Aktivität und Entspannung vermitteln und dies in den Alltag integrieren. (Zum Beispiel kann ein Schulgarten zum Anbau von Gemüse genutzt werden, gemeinsam mit Eltern in der Küche der Cafeteria gekocht werden und auch Prominenz wie Fußballvereine engagieren sich gern für solche Aktionen).
- Beratung und Unterstützung: Schüler:innen sollten Zugang zu Beratungsangeboten und Unterstützungsdiensten haben, um ihnen bei persönlichen Herausforderungen zu helfen, die ihre Lern- und Lebensumgebung beeinträchtigen können. (Hier gibt es zahlreiche Angebote von gemeinnützigen Organsiationen sowie kommunalen Projekten, die in Anspruch genommen werden können).
- Respekt und Toleranz: Schulen sollten eine Kultur des Respekts und der Toleranz (sowie Wertschätzung) fördern, die die Unterschiede zwischen Schüler:innen feiert und die Ausgrenzung und Diskriminierung verhindert. Das Vorbild der Erwachsenen ist hier maßgeblich! (Interkulturelle Veranstaltungen, der Einbezug der im Klassenraum vorhandenen Kulturen in den Lehrplan zur Gewinnung neuer Perspektiven sowie Ausflüge zu interkulturellen Orten sind dafür einfach umzusetzende Beispiele).
Es braucht kein weiteres Schulfach „Glück“ oder „Achtsamkeit“, sondern das aktive (vor)leben einer Kultur der Wertschätzung
Schulfächer wie „Glück“ oder „Achtsamkeit“ sind schön und gut, aber eigentlich braucht es dafür kein Schulfach für die Kinder, sondern eine Ausbildung für das Schulpersonal, denn sie sind das Vorbild und in der Verantwortung für die Gestaltung der Beziehungen zu ihren Schützlingen. Sie beeinflussen maßgeblich die soziale Atmosphäre des Lernraums in der Schule.
Angstfreiheit ist Voraussetzung dafür, dass Soziale Intelligenz sich entfalten und Lernen und Leistung stattfinden können. Denn Angst und Stress blockieren die dafür benötigten kognitiven Ressourcen.
Unser Bedürfnis nach menschlicher Nähe (=Verbundenheit) ist eins unserer tiefsten Grundbedürfnisse. In einem grausamen Experiment sind Säuglinge nicht an Mangel von Nahrung und Wärme gestorben, sondern an einem Mangel von Liebe. Wird dieses Bedürfnis nicht erfüllt, sind wir grundsätzlich bereits gestresst, unsicher und ängstlich. Dabei kommt es nicht auf die Quantität, sondern auf die Qualität unserer Beziehungen an.
Alles kann bereits damit beginnen, einfach mal „Danke“ zu meinen Kolleg:innen zu sagen, ihnen ein freundliches Kompliment zu machen oder ein Lächeln zu schenken. Und je öfter ich dies tue, desto leichter fällt es mir, desto wohler fühle ich mich und desto mehr versetze ich mich dazu in die Lage, dies auch gegenüber meinen Schützlingen zu leisten.
„Die gegenseitige biologisch-somatische Beeinflussung von Menschen verweist auf eine neue Dimension der Idee eines guten Lebens: Wir sollten uns so verhalten, dass wir allen, mit denen wir in Beziehung treten, selbst auf dieser subtilen Ebene Gutes tun.“
Goleman, Daniel (2006): Soziale Intelligenz – Wer auf andere zugehen kann, hat mehr vom Leben. München: Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG. S. 21.
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